Lebensretter und Datenkrake?

Notfallsystem eCall jetzt in allen Autos

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Hersteller müssen das System ab 31. März in alle neu zugelassenen Modelle einbauen.

Wie an dieser Stelle angekündigt, werden alle neuen Automodelle in Europa ab Ende März 2018 mit dem Notfallsystem eCall ausgestattet, das nach einem Unfall automatisch die Rettungsdienste alarmiert. Darauf hat der europäische Herstellerverband Acea am Mittwoch noch einmal hingewiesen. Das umstrittene System ist ab 31. März in der Europäische Union (EU) Pflicht für neu zugelassene Typen. Neben allen Pkw müssen auch alle neu genehmigten Lkw mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 
3,5 Tonnen ab Karsamstag mit einem eCall-Notrufsystem ausgestattet sein. 

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Lebensretter

Zu den positiven Eigenschaften des neuen Systems zählt zweifelsohne, dass es nach einem Unfall automatisch eine Sprachverbindung zur nächsten Rettungsleitstelle herstellt. Falls die Insassen nicht reagieren, können auf Grundlage von GPS-Daten direkt Rettungsdienste zum Unfallort geschickt werden. Dies soll nach Erwartung der EU-Kommission die Reaktionszeiten auf dem Land um 50 und in der Stadt um 40 Prozent verringern. Experten zufolge sinkt die Überlebenschance bei lebensgefährlich Verletzten pro Minute um zehn Prozent. Die EU-Kommission rechnet vor, dass europaweit mit eCall bis zu 2.500 Menschenleben pro Jahr gerettet werden könnten. Das Europaparlament geht von bis zu 1.500 aus.

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Datenkrake

Viele Experten warnen aber auch vor eCall. "Neben dem Plus an Sicherheit für alle Verkehrsbeteiligten gibt es unsererseits allerdings auch datenschutzrechtliche Bedenken", hält beispielsweise der Chef der ÖAMTC-Interessenvertretung, Bernhard Wiesinger, fest. "Denn eCall bedeutet auch, dass die Hersteller zusätzliche Informationstechnik in die Autos einbauen müssen. Diese Technologie kann auch für andere Zwecke als den automatischen Notruf genutzt werden." Aus diesem Grund nehmen die meisten Fahrzeughersteller diese Verpflichtung schon seit längerer Zeit zum Anlass, technisch leistungsfähigere Systeme in ihre Fahrzeuge einzubauen. Die verbauten SIM-Karten sammeln rund um die Uhr Daten. "Diese werden zum einen im Auto angezeigt. Der überwiegende Teil der Daten wird jedoch ohne gesetzliche Grundlage direkt an die Hersteller gesendet", sagt Wiesinger. "Ohne bewusste Kenntnis des Fahrers werden im Stundentakt beispielsweise Informationen über Fahrstrecken, Abstellpositionen des Fahrzeugs oder sogar das Fahrverhalten des Autolenkers übermittelt." Vom Hersteller werden diese Daten oftmals an Vertragswerkstätten oder Versicherungen weitergeleitet, die beispielsweise Wartungserinnerungen aussenden oder auch individuell zugeschnittene Versicherungsangebote erstellen.

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Chancen und Risiken

Aus Sicht des ÖAMTC birgt der Datentransfer sowohl Chancen als auch Risiken. "Entscheidend ist, dass Verbraucher detailliert Kenntnis über die Art des Datenaustausches erhalten und diesem auch aktiv zustimmen", erläutert Wiesinger. Für den Club steht außer Zweifel, dass die Daten aus dem Auto nur dem Fahrzeughalter gehören. "Fahrzeugbesitzer haben nicht nur einen Anspruch auf Datentransparenz, sie müssen zudem auch frei wählen können, ob und wem welche Daten zur Verfügung gestellt werden", betont der Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung.

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